Im Rahmen der NØK International Night Culture Conference 2023 in Mannheim habe ich mir im Rahmen des Panels “Nachhaltige und Langfristige Förderung von Nachtkultur” einige Gedanken zur Kulturförderung für Clubs & Festivals gemacht.
(auf dem Podium: Dominika Szope, Direktorin des Kulturamtes Karlsruhe; Kristina Mühlbach, Nachtkulturbeauftragte der Stadt Freiburg; Arne Braun, Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg; Nora Straßer, EventKultur Rhein-Neckar e.V)
Meine Thesen – die sicherlich nicht von allen Kolleg*innen geteilt werden:
1. Clubkultur kann nicht profitabel sein
Die aktuelle Situation in der Clubkultur ist geprägt von einer Reihe von Herausforderungen und Veränderungen, die diese Szene stark beeinflusst haben. Früher als Underground-Phänomen, das weitgehend unter dem Radar der Öffentlichkeit existierte, hat die Clubkultur in den letzten Jahren an Sichtbarkeit gewonnen. Dies führte jedoch zu einer Verschärfung der Auflagen, die Veranstalter und Betreiber erfüllen müssen. Dies wiederum machte die Organisation von Club-Events und die Unterstützung von Künstlern zu einer sehr kostenintensiven Angelegenheit.
Ein weiteres Merkmal der aktuellen Clubkultur ist die stark schwankende Auslastung der Veranstaltungsorte. Die Kosten für die Produktion von Veranstaltungen sind hoch, und die Einnahmen sind oft abhängig von der Größe des Publikums und seiner Bereitschaft, höhere Preise zu zahlen. Dies stellt eine Herausforderung dar, dass viele Veranstaltungsorte Schwierigkeiten haben, ihre Kosten zu decken.
Ein wichtiger Aspekt ist die steigende „Qualität“ der Veranstaltungen, was sich auf die gestiegenen Produktionskosten und die Erwartungen des Publikums bezieht. Das junge Publikum, das die Clubkultur prägt, ist preissensibel, aber erwartet hochwertige Produktionen und Künstler.
Belege hierzu liefert die Clubstudie
Die 2021 von der Iniative Musik durchgeführte Clubstudie zeigt auf, dass die meisten Clubs Schwierigkeiten haben, Gewinne zu erzielen, da die Kosten oft die erwirtschafteten Einnahmen übersteigen. Die Umsatzrendite liegt bei vielen Clubs bei weniger als 3%. Darüber hinaus sind über die Hälfte der Clubs klein, mit einer Kapazität von weniger als 500 Personen, und fast 28% haben sogar weniger als 200 Plätze. Die Mehrheit der Clubs ist in Mietverhältnissen, was die finanzielle Stabilität weiter beeinträchtigt.
2. Clubkultur funktioniert aktuell nur durch Sonderbedingungen
Wer sich fragt, wieso – sollte These 1 Stimmen dann Clubs bis heute überlebt haben:
Die Clubkultur kann aktuell nur durch “Sonderbedingungen” überleben. Dies umfasst zum Beispiel „kostenloses“ Personal, die Nutzung von günstigen Gebäuden. Vereinfachte Genehmigungsverfahren und Auflagen durch temporäre Genehmigungen, die oft weniger strenge Auflagen mit sich bringen.
Außerdem kommt es meist zu Selbstausbeutung derjenigen, die in der Szene arbeiten. Zusätzlich zu den Club-Veranstaltungen haben einige Betreiber alternative Geschäftsmodelle entwickelt, wie die Vermietung ihrer Räumlichkeiten für andere Veranstaltungen. (Disoveranstaltungen, Hochzeiten, Exit Games, Untervermietungen u.A.)
3. Clubkultur ist noch zu unprofessionell
Ein weiteres Problem, das aus These 1 & 2 resultiert und sie zugleich weiter in einen Kreis bringt ist die mangelnde Professionalität in der Clubkultur. Es mangelt an qualifiziertem Personal, und es gibt noch nicht lange & zu wenige Bildungsangebote. Dies betrifft nicht nur das Management der Clubs, sondern dadurch auch die Qualität der Veranstaltungen.
Zur Ehrenrettung muss aber gesagt werden, dass die Clubkultur auf Grund intrinsischer Motivation und ideellem Antrieb Themen wie Nachhaltigkeit, Awareness, Förderung von Künstler*innen und Diversität dennoch wesentlich weiter ist als viele andere in der Kulturbranche.
Mein Fazit:
Die dringende Forderung ist daher, dass die Clubkultur ebenso wie andere kulturelle Akteure (bei denen das seit langer Zeit eine Selbstverständlichkeit ist) nachhaltig gefördert werden muss.
In unserer Diskussion kamen wir meiner Meinung nach darauf, dass es sehr schwierig wird, im Rahmen der bestehenden Kulturförderung bedacht zu werden – auch wenn meist behauptet wird “ihr werdet natürlich mitgedacht”.
Grund dafür ist zum einen, dass es immer schwierig sein wird, anderen “etwas wegzunehmen” – aber die Clubkultur auf Grund ihrer neuartigen Aufstellung (teilweise wirtschaftliche Betriebe, die aber Kultur machen) nicht “in das Schema der Verwaltung” passt. (Zitat eines Besuchers: “Die Clubförderung wird immer am Spartendenken der Verwaltung scheitern”)
Deshalb:
- Für einen Investitionsförderung verweise ich immer wieder gerne auf das Konzept der Investitionsförderung 500 MILLIONEN (500 Mio oder 1% der Investitionen der “Hochkultur”)
- für eine nachhaltige neue Förderung von junger Kultur und Clubkultur schlage ich vor, am Beispiel der CNM in Frankreich, eine Steuer auf alle Ticketverkäufe im Livemusiksektor zu erheben mit denen dann die Stiftung Livekultur ausgestattet werden und nachhaltige Förderprogramme auflegen könnte.
- Dies würde dazu beitragen, die Zukunft der Clubkultur zu sichern und ihre Entwicklung in eine professionelle und nachhaltigere Richtung zu lenken.
Und abschließend finde ich auch vom Wesen her sollte eine Kulturförderung in der Zukunft nicht Institutionen per se subventionieren, sondern gesellschaftliche Ziele wie: Diversität, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Innovation, Kreativität, Awareness, Qualität unterstützen.
Ich freue mich über Feedback zu meiner Idee!