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Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Clubs und Diskos?
Diese Frage wird mir oft gestellt, da vor allem bei der Diskussion um Förderung oder Förder”würdigkeit” von Clubkultur der Unterschied relevant wird.
Deshalb versuche ich es mal mit einer Definition:
Clubs verstehen sich, im Unterschied zu Diskotheken, nach heutigem Kulturbegriff meist als Programmspielstätten.
Während die meisten Diskotheken z.B. wöchentlich wiederkehrende Partys veranstalten, gibt es in Clubs meist ein ständig wechselndes Programm. Hier steht überwiegend der Partycharakter oder ein Motto sowie das Getränkeangebot im Vordergrund. Die DJ’s stehen bei diesen Veranstaltungen im Hintergrund.
Das Programm beinhaltet zum Beispiel Ausstellungen, Jams, Slams und Konzerte regionaler, nationaler und internationaler Künstler*innen. Dieses abwechslungsreiche Programm erfordert z.B. planerisch und organisatorisch wesentlich höhere Produktions-, Werbe- und Verwaltungskosten sowie einen deutlich höheren Personalaufwand.
DJ-Veranstaltungen unterscheiden sich von einer üblichen Party in Diskotheken vor allem dadurch, dass die Künstler*innen ihre eigenproduzierten Titel aufführen, eigene Veröffentlichungen haben, eine Homepage haben, es meist einen Vorverkauf gibt und die Gäste vor allem wegen dem*r speziellen Künstler*in zur Veranstaltung kommen.
Auch werden hier mit verschiedenen Genres (z.B. Drum and Bass, House, Techno, Dancehall, Goa, Hardstyle) verschiedene Szenen bedient.
Zur umsatzsteuerlichen Behandlung von “Konzerten” und den Fragen, wieso ein CD-Player ein Instrument und ein DJ ein*e Künstler*in ist, siehe hier.
Erkennungsmerkmale für Clubveranstaltungen
Harte Erkennungsmerkmale, ob es sich um eine Clubveranstaltung handelt, merkt ihr zum Beispiel, wenn ein oder mehrere der folgenden Kriterien zutreffen:
- Künstler*innen stehen mit ihrem jeweiligen Musikstil im Mittelpunkt
- Kartenverkauf grds. Abendkasse, oft auch Vorverkauf
- Werbung/PR, Plakatierung, Programmhandzettel, Flyer, Zeitungsanzeigen, Kommunikation über Soziale Netzwerke
- Häufig einheitlicher Eintrittspreis; ggf. auch erhöhter Eintritt bei sehr bekannten Künstler*innen
- Grds. keine Türselektion, jedoch Türkontrolle zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung
- Geplanter und beworbener Auftritt zu einer festen Zeit (Stageorder)
- Häufig mehrere Künstler*innen bei einer Veranstaltung
- Künstler*innenrechnung mit Ausweis 7 % USt
- Medieninteresse
- Berichterstattung in den (elektronischen) Medien über Club, namentliche Nennung einzelner Künstler*in
Clubkultur und Musikspielstätten
Clubs tragen zu kultureller Teilhabe breiter Bevölkerungsschichten bei und fördern den gesellschaftlichen Austausch. Die Förderung von Kunst und Kultur ist dabei dem kommerziellen Interesse übergeordnet. Das ständig wechselnde Programm ist kuratiert und gewährt die künstlerische Freiheit der Darbietung. Dadurch fördern Musikspielstätten die kulturelle Vielfalt und stellen einen wichtigen Baustein des lokalen Kulturangebots dar.
So. Und um das ganze noch komplizierter zu machen:
Natürlich gibt es auf Grund der fehlenden Förderung auch ganz viele Clubs, die in ihren Clubs auch Diskoveranstaltungen anbieten.
Meist wird in der Differenzierung also von Musikclubs, Musikbars bzw. -cafés, Veranstaltungs- bzw. Konzerthallen, Jazzclubs, soziokulturellen Zentren bzw. Jugendzentren und Offspaces gesprochen. Als Oberbegriff eignet sich „Musikspielstätte”, da dieser offen und spezifisch ist: offen, weil er die sechs Typen unter sich vereinen kann und spezifisch, weil er einen Fokus legt auf die musikalische Prägung der Orte.
Siehe auch meine Thesen zur Förderung von Clubs.
Der deutsche Spielstättenverband LiveKomm nutzt übrigens den Begriff „Musikspielstätte”, worunter ein „Ort musikalischer Prägung” (LiveKomm 2021) zu verstehen ist, der folgende Kriterien erfüllen muss: In einer Musikspielstätte finden pro Jahr mindestens 24 Veranstaltungen statt, die nach dem GEMA-Tarif als Einzelveranstaltung mit Livemusik abgerechnet werden. Die Kapazität beträgt maximal 2.000 Personen, und wenn überwiegend DJs auftreten, muss das Programm überwiegend durch künstlerisch tätige DJs gestaltet werden. Diese Definition ist niedrigschwellig und offen gehalten und ist vermutlich aktuell die verbreitetste.
Musikspielstätten und Clubkultur changieren also im Spannungsfeld zwischen Kultur, Wirtschaft und Stadtentwicklung. So liegt die Zuständigkeit auch häufig bei verschiedenen Ressorts der Politik und Verwaltung. Ein erweiterter Kulturbegriff weicht zudem die jahrelang vorherrschende, strikte Unterscheidung in Hochkultur und Populärkultur auf. Besonders deutlich wird das an einem Urteil des Bundesfinanzhofes, der feststellt, dass kuratierte Musikveranstaltungen mit künstlerisch tätigen DJs als Konzerte gewertet werden. Auffallend in der fachpolitischen Debatte und der täglichen Praxis ist, dass der Umgang mit Musikspielstätten als Kulturinstitutionen im föderalen System sehr uneinheitlich ist und Clubs meist nicht als “Kultur” verstanden werden.
In der aktuellen Debatte, die wir mit dem Slogan “Clubs are Culture” begleiten, geht es um die Einordnung von Clubs in der Baunutzungsverordnung. Während Clubs aktuell noch oft wie Diskotheken als Vergnügungsstätte eingeordnet werden (und somit auch gleichgestellt wie Spielhallen oder Bordelle), sollen sie in Zukunft als kulturelle Orte eingeordnet werden.
Quellen:
- https://www.gesetze-im-internet.de/baunvo/
- https://www.gesetze-im-internet.de/gastg/__3.html
- http://www.clubsareculture.de/rettetdieclubs/
- https://www.initiative-musik.de/wp-content/uploads/sites/4/2023/05/2021_Clubstudie_Initiative_Musik-1.pdf