28. Dezember 2020

Call for Papers!

Die aktuelle Kulturpolitik in Deutschland ist noch immer geprägt von ihrer veralteten Förderpolitik, dem Erhalt des Status Quo durch die meinungsbildende Elite, den ewig gleichen kulturpolitischen Richtlinien, einem bewusst engen Kulturbegriff mit dem Fokus auf Hochkultur und einem traditionellen Verwaltungshandeln.
28. Dezember 2020

Call for Papers!

Die aktuelle Kulturpolitik in Deutschland ist noch immer geprägt von ihrer veralteten Förderpolitik, dem Erhalt des Status Quo durch die meinungsbildende Elite, den ewig gleichen kulturpolitischen Richtlinien, einem bewusst engen Kulturbegriff mit dem Fokus auf Hochkultur und einem traditionellen Verwaltungshandeln.

Inhalt dieses Beitrags

Kulturgerechtigkeit im 21. Jahrhundert

Wir suchen aktuelle Beiträge zum Thema:

„generationengerechte Kulturpolitik“

 

Die aktuelle Kulturpolitik in Deutschland ist noch immer geprägt von ihrer veralteten Förderpolitik, dem Erhalt des Status Quo durch die meinungsbildende Elite, den ewig gleichen kulturpolitischen Richtlinien, einem bewusst engen Kulturbegriff mit dem Fokus auf Hochkultur und einem traditionellen Verwaltungshandeln.

 

Seit Ende des 19. Jahrhunderts, mit Ausnahme der “Kultur für Alle”- und der “Demokratisierung der Kultur”-Bewegung in den 1970er-Jahren, hat sich seit dem Ende des 19. Jahrhunderts bis heute an der angestaubten deutsche Kulturlandschaft nicht viel getan. Mehr denn je bemühen sich Bund, Land und vor allem die Kommunen um Bestandteil bzw. Bestandssicherung, was sich durch die Pandemie noch verschärfen wird.

 

Kulturförderung ist noch immer eine freiwillige Leistung und somit dem Goodwill der städtischen Verwaltung und dem von Kommunalpolitikern ausgesetzt.

Dabei liegt der Fokus klar und deutlich auf der Hochkultur. Meist beansprucht das ortsansässige städtische Theater, die Stadtbibliothek, die Volkshochschule und das Museum / Kunstverein der jeweiligen Großstadt über 90% des Kulturhaushaltes.

Im Allgemeinen werden diese Kulturinstitutionen jedoch von einem eher älteren, konservativ-etablierten und liberal- intellektuellen Milieu frequentiert. Auf Basis einer repräsentativen empirischen Untersuchung zur sozialen Selektion des Bühnenpublikums aus dem Jahr 2016 von Tibor Kliment (Professor für Empirisches Medien- und Kulturmanagement an der Rheinischen Fachhochschule Köln) wird dies am Beispiel einer Umfrage an einem Städtischen Theater deutlich. Demnach verfügten 89% der Besucher über ein Studium oder zumindest über Abitur, knapp über 60% sind Beamte, leitende Angestellte oder Selbstständige und mit 66% stellen die über 50-Jährigen die mit Abstand größte Alterskohorte.

Lediglich 17% der Besucher sind unter 34 Jahren alt. Dies soll an dieser Stelle im Übrigen kein Angriff auf das städtische Theater sein, ganz im Gegenteil, hier wird nach wie vor wertvolle Kulturarbeit geleistet.

Es zeigt sich jedoch an vorangegangenem Beispiel sehr anschaulich, dass keine Ausgewogenheit, innerhalb der deutschen Kulturförderpolitik herrscht. Die aktuelle Förderpolitik bewahrt Kultur für eine gut ausgebildete, gut situierte und ältere Bevölkerungsschicht.

Mit häufig viel zu gering bemessenen Projektfördertöpfen versucht sich die Politik in einer eher ungelenken Symbolpolitik für junge Kultur und schreckt all zu oft aus Angst vor einer finanziell aus dem Ruder laufenden Kulturförderpolitik vor mutigem Handeln zurück. Dabei werden die zarten Pflänzchen junger Kulturschaffender mit viel zu wenig Wasser aus einer viel zu breit sprudelnden Gießkanne begossen, so dass aus allen zarten Pflänzchen meist kein Bäumchen werden kann. Es sei denn es kommt Wasser aus einer anderen Quelle, um im Bild zu bleiben.

Und dabei läge der Förderbedarf für kulturelle Angebote für junge Menschen im Vergleich zur Hochkultur deutlich niedriger. Wird ein Theaterbesuch pro Vorstellung und Platz mit durchschnittlich 142 Euro pro Kopf subventioniert (Kulturfinanzbericht 2020), so bräuchte es maximal 10 Euro pro Besucher für ein Live-Konzert.

 

Jedoch liegt der Stillstand der Kulturpolitik für junge Menschen nicht nur allein an der verkrusteten Förderpolitik, die den Status Quo seit Jahren zementiert, sondern vor allem am fehlenden Verständnis für innovative Projekte und neue Kulturformen für junge Menschen und deren Kulturbedürfnissen. Als gutes Beispiel kann hier das das Clubsterben genannt werden, das mit Corona noch deutlich schneller um sich greift als zuvor. Es ist ein Ergebnis jahrelanger Vernachlässigung dieser Kulturform, derer sich vor allem junge Menschen bedienen. Warum immer wieder Clubs schließen müssen und es so schwer ist, etwas dagegen zu tun, liegt neben den immer höher steigenden Kosten für Clubbetreiber auch an ihrem Status als Vergnügungsstätte. Sie gehören baurechtlich zur selben Kategorie wie Spielhallen, Bordelle, Sex-Kinos und Wettbüros. Würden Clubs beispielsweise im Baurecht von der Politik als Kulturstätte aufgeführt werden, dann würden sie einen höheren Schutz genießen und würden der Gentrifizierung nicht so leicht zum Opfer fallen. Von Diskotheken, die kommerzielle Unterhaltung anbieten und profitmotiviert sind, grenzen sich Clubs dahingehend ab, dass sie ein ausgewähltes Musikprogramm anbieten, KünstlerInnen fördern und Kulturangebote vorwiegend für junge Menschen machen.

 

Es ist an der Zeit diese überalterte und elitäre Kulturpolitik neu zu denken und eine generationengerechte Kulturpolitik voranzubringen. Dabei müssen sowohl theoretische Diskurse innerhalb der Soziologie, der Politologie und innerhalb der Kulturwissenschaften geführt werden. Aber gleichzeitig braucht es auch konkrete praktische Ansätze als Best-Practise- Beispiel für die Kulturpolitiker vor Ort.

Daher rufen wir alle Wissenschaftler*innen, Kulturschaffenden, Kulturpolitiker*innen und Journalist*innen dazu auf uns ihre Beiträge zum Thema “Kulturgerechtigkeit im 21. Jahrhundert – Der Versuch einer generationengerechten Kulturpolitik” zuzusenden.

 

Gesucht werden Beiträge zu den folgenden Themen:

Kulturverständnis im 21. Jahrhundert, “deservingness” und gesellschaftliche Anerkennung/ Wertschätzung von unterschiedlichen Kulturformen, Generationen-Bias in der Kulturpolitik, Generationenkonflikte in Bezug auf Kulturverständnis, Best Practice, generationengerechte Richtlinien für Kulturförderung

 

Beitragseinreichung

Wenn Sie Interesse an einem Beitrag haben, senden Sie bitte bis Ende März Ihr Abstract von max. 2000 Zeichen (mit Leerzeichen), ergänzt um Ihre Kontaktdaten, an

kulturgerechtigkeit@felixgraedler.de .

 

Die fertigen Beiträge müssen bis voraussichtlich 30.06.2021 eingereicht werden. Ein Einzelbeitrag sollte den Umfang von 40.000 Zeichen (mit Leerzeichen) inkl. Literaturverzeichnis und Fußnoten nicht überschreiten. Nach einer Rückmeldung des Herausgeberteams stehen Ihnen weitere vier Wochen zur Bearbeitung des Beitrags zur Verfügung.

Die Veröffentlichung ist für Ende 2021 geplant.

Wir freuen uns über eure Einsendungen von Konzepten!

 

Für Rückfragen kontaktieren Sie uns unter:

kulturgerechtigkeit@felixgraedler.de

Felix Grädler, Hannes Seibold 

c/o

Halle02 GmbH & Co KG Zollhofgarten 2

69115 Heidelberg

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